In einer Hütte aus sonnen getrocknetem Lehm, wo Ringelblumen-Girlanden an der Tür hingen, saß Kala. Ihre Hände, gezeichnet von den Geschichten eines langen Lebens, kannten die Sprache von Baumwolle und Seide. Vor ihr stand ein einfacher Webstuhl, und daneben zwölf leere Rahmen, ein stilles Versprechen einer Geschichte, die darauf wartete, gewoben zu werden.

Der erste Rahmen erblühte unter ihrer Berührung. Ein Kreuz aus leuchtendem Purpur, nicht als Opfer, sondern als schützende Arme. Darum herum wob sie Lotusblumen. Ein kleiner Junge namens Ravi schaute vom Eingang aus zu, seine Augen weit vor Staunen.

Ein alter Freund, ein Imam, mit einem Bart wie gesponnenes Silber, kam am nächsten Tag zu Besuch. Sie tranken süßen Chai und sprachen von Sternen und Führung, während Kala einen Halbmond wob, eine Wiege für einen einzelnen, hoffnungsvollen Stern.

Der dritte Rahmen summte mit dem Klang des „Om“, einem Symbol, das sie in Safran und Gold wob. Es war die Schwingung aller Dinge. Der heilige Fluss Ganga floss aus dem Symbol, und an seinen Ufern tanzten Pfauen. Ravi saß auf einer gewebten Matte, fasziniert, und zeichnete die Formen in die Luft.

Eine buddhistische Nonne, ihr Gesicht eine Landschaft des Friedens, zeigte Kala, wie sich die Seerose öffnet, Blütenblatt für Blütenblatt. Kala wob das achtspeichige Dharma-Rad, jede Speiche ein Weg zu stillem Verständnis. Darum herum schuf sie Hirsche, die in einem stillen Sal-Wald lauschten.

Als Nächstes wob sie einen Stern aus ineinandergreifenden Dreiecken, einen Schild aus tiefem Blau für den jüdischen Glauben. Ein Rabbi kam zu Besuch, sein Lachen erfüllte die kleine Hütte, als er Geschichten von seinen Vorfahren erzählte, die vor langer Zeit in Indien ein Zuhause gefunden hatten.

Dann kam das elegante Khanda der Sikhs, ein Kreis göttlicher Einheit mit Schwertern der Gerechtigkeit und spiritueller Autorität. Ein Sikh-Ältester, sein Turban in der Farbe des Himmels, stand bei Kala, seine Stimme ein sanftes Grollen, als er seine Bedeutung erklärte.

Ravi half Kala, die Farben aus Kurkuma und Indigo zu mischen. Zuerst der anmutige Tanz von Yin und Yang, ein perfektes Gleichgewicht von Dunkel und Licht. Dann die einfache, heilige Form eines Shinto-Torii-Tores, ein Tor zwischen den Welten, das gelassen in einem Bambuswald steht.

Ein neun zackiger Stern für den Baha’i-Glauben leuchtete auf dem neunten Rahmen, seine Spitzen streckten sich zu allen Menschen aus. Dann kam eine Frau aus einem fernen Land zu Besuch und sprach von Vorfahren. Kala hörte zu und wob für den zehnten Pfad einen Sankofa-Vogel, der zurückblickt, um Verlorenes wiederzufinden.

Für den elften Pfad wob sie das chinesische Symbol für Harmonie, dessen Striche wie Wasser flossen. Zuletzt wob sie mit ruhiger Hand das Jain-Symbol: eine Hand mit einem Rad in der Handfläche, eine Mahnung, kein Leid zu verursachen. Der zwölfte Pfad war vollendet.

Die Arbeit war getan. Kala stand mit Ravi da, ihre Hände verschränkt, und blickten auf die Geschichte, die sie erzählt hatten. Jeder war ein anderer Pfad, eine andere Farbe im großen Entwurf.

Die zwölf Gewebe – das Kreuz, der Halbmond, das Om, das Rad, der Stern, das Khanda, das Yin-Yang, das Torii, der Baha’i-Stern, der Sankofa-Vogel, die Harmonie und die offene Hand – hingen zusammen an der Lehmwand, ein Teppich aus Licht und Farbe. In dieser kleinen Hütte fühlte sich die Welt ganz an.

Interreligiöse Weberin 2026













