Es ist Ende November (2019) und die Tage sind mild. Ich war auf einer Vernissage, mehrere Inderinnen in Stuttgart hatten stolz ihre Werke in der Kulturinsel ausgestellt.
Nach der Eröffnungsrede wurde der Saal für eine indische Tänzerin umgebaut. Genau in diesem Augenblick bekam ich einen Anruf von einem Freund, ich ging hinaus und sah das Schauspiel der Natur am Horizont.
Der Sonnenuntergang war grandios und dauerte nur etwa zehn Minuten. Ich hielt diesen Moment auf meinem Smartphone fest und genoss jeden Augenblick des Farbenwechsels am Rande des Himmels.
Meine Seele erfreute sich an diesem wunderbaren Anblick des Vaters des Lichtes, als er sich verabschiedete. Ich verbeugte mich in Ehrfurcht, möge er morgen wieder erscheinen auf seinem Wagen, gezogen von sieben Schimmeln in sieben leuchtenden Farben.
Das erinnerte mich an den Sonnenuntergang, den ich letztes Jahr im November am Kovalam Beach in Südindien erlebte. Es war ein warmer angenehmer Abend, und die Sonne setzte sich zur Ruhe, aber versteckte sie sich hinter den Wolken.
Ich spürte wie die Wellen das schäumende Wasser immer wieder an meine Füße schob, als ob sie meine Füße küssen würden. Bei jeder Welle sanken meine Füße um ein paar Millimeter im weichen beigen Sand ab. Ich hörte eine Sirene zweimal heulen, damit wurde offiziell bestätigt, dass der Sonnenuntergang für den Tag vollzogen war, das ist üblich dort.
Genau in diesem Augenblick hörte ich, wie einige Pilger am Strand unweit von mir die Surya Mantra rezitierten. Sie verabschiedeten sich von Surya, dem Sonnengott, und bedankten sich bei der Mutter Erde für das sie uns auf dem Boden der Tatsachen festhält und uns ernährt.
Ich empfand Ehrfurcht gegenüber der Mutter Erde, auch ich wollte mich mit meinem ganzen Körper auf die Erde legen, mit der Stirn den Sand berühren und mich bedanken. Stattdessen aber verbeugte ich mich nur und berührte die Mutter Erde, nahm eine Prise feinen Sand und schmierte sie auf meine Stirn in Verehrung.
Ich drehte mich in Richtung der untergegangenen Sonne, faltete meine Hände zusammen, schloss meine Augen und hörte intensiv den rhythmischen Gesang der Wellen.
In diesem kurzen Augenblick schien es so, als ob der Himmel der Erde plötzlich ganz nah war. Ich hatte das Gefühl, als fließe eine unbeschreibliche Energie sanft, streichelnd und mit warmem Klang in meinen Kopf und mein Geist erwachte. Ich wagte nicht, meine Augen zu öffnen und versuchte, dieses wunderbare Gefühl festzuhalten. Es war schön, melodiös, berührend, himmlisch und es rührte mein Gemüt.